Lymphödem

Wenn das Lymphgefäßsystem die Lymphe nicht mehr abtransportieren kann.

Lymphödem

Wie entsteht ein Lymphödem?

Unser Lymphsystem ist an das Herz-Kreislauf-System angeschlossen und erfüllt wichtige Funktionen für den Organismus. Als Teil des Immunsystems spielt es eine entscheidende Rolle für unser Wohlbefinden. Sind wir gesund, gibt es kaum Gründe über das Lymphsystem nachzudenken. Es rückt erst in den Vordergrund, wenn es beeinträchtigt ist – zum Beispiel durch ein Lymphödem. Staut sich diese Lymphflüssigkeit in den Armen oder Beinen, anstatt abzufließen liegt ein Lymphödem vor. Arme und Beine schwellen dann an (auch Ödem genannt).

Mit der richtigen Therapie und einer positiven Einstellung kann der Alltag weitgehend normal gestaltet werden. Es gibt gute Behandlungsmöglichkeiten, die Lymphödeme reduzieren und konstant halten. Auch mit einem Lymphödem können Sie Ihr Leben aktiv gestalten.

Das Lymphgefäßsystem – die "Stoffwechselautobahn" in unserem Körper

Das Lymphgefäßsystem trägt maßgeblich dazu bei, dass unser Körper jeden Tag "funktioniert": Die Lymphgefäße sind wie eine Art Netz im gesamten Körper verteilt. Sie sammeln, transportieren und filtern die in der Gewebsflüssigkeit gelösten Stoffe. Das können zum Beispiel Bluteiweiße, Nahrungsfette, Stoffwechselprodukte oder Entzündungsprodukte sein. Wie eine "Sondermüllabfuhr" entsorgt das Lymphsystem pro Tag bis zu vier Liter Lymphe aus dem Gewebe und unterstützt so unser Immunsystem.

Formen

Es gibt zwei Arten von Lymphödemen: Primäres Lymphödem und Sekundäres Lymphödem.

  • Primäres Lympödem:
    Als primäres Lymphödem bezeichnet man ein angeborenes Lymphödem und tritt bei den Betroffenen meist vor dem 35. Lebensjahr auf. Die Usachen:
    • Fehlbildung der Lymphbahnen oder Lymphknoten
    • Gänzliche Abwesenheit von Lymphbahnen
  • Sekundäres Lympödem:
    Als sekundäres Lymphödem bezeichnet man Ödeme, die im Laufe des Lebens erworben werden. Gründe für die Entstehung eines sekundären Lymphödems sind vielfältig:
    • Entzündungen, die mehr Gewebeflüssigkeit entstehen lassen, als durch die Lymphbahnen abtransportiert werden kann,
    • Verletzungen der Lymphbahnen, die häufig durch Operationen verursacht werden. Häufig entstehen Lymphödeme im Bereich der Arme bei Frauen nach Brustkrebsoperationen, bei denen die Lymphknoten im Bereich der Achsel entfernt werden.
    • Bösartige Tumore mit einer Ansammlung von Krebszellen in den Lymphknoten.
    • Strahlenschäden, bei denen die Wände der Lymphbahnen verkleben.

Symptome und Anzeichen

  • Positives "Stemmer’sches Zeichen"
  • Asymmetrische Schwellung
  • Vertiefte natürliche Hautfalten, besonders an den Grundgelenken
  • Oftmals Schwellungen an Fuß- bzw. Handrücken
  • Haut glatt und prall

Das sogenannte "Stemmer'sche Zeichen" ist ein zuverlässiges Merkmal, um ein Lymphödem zu erkennen. Versuchen Sie, eine Hautfalte, zum Beispiel an der Zehe, anzuheben. Funktioniert dies nur schwer oder gar nicht, spricht man von einem "positiven Stemmer'schen Zeichen". Dies ist ein Anzeichen für ein Lymphödem.

Stadien

  • Stadium 0 – unerkannte Schädigung
    Die Lymphgefäße sind geschädigt, es sind aber noch keine Schwellungen zu erkennen.
  • Stadium 1 – reversibles Stadium
    Im Laufe des Tages treten Schwellungen auf, die sich bei Hochlagerung ganz oder zum Teil zurückbilden. Bei Druck auf das Gewebe bildet sich eine Delle, die für einige Zeit bestehen bleibt.
  • Stadium  2 – spontan irreversibles Stadium
    Die Schwellungen bleiben auch bei längeren Ruhepausen bestehen. Die Haut ist verhärtet und das Hochlegen der Arme oder Beine bringt keine Milderung. Dellen lassen sich nur schwer oder gar nicht eindrücken.
  • Stadium 3 – irreversibles Stadium
    Es kommt zu Schwellungen mit Hautveränderungen (zum Beispiel in Form kleiner Bläschen, aus denen Lymphflüssigkeit austritt). Eine noch ausgeprägtere Form solcher Schwellungen wird als "Elephantiasis" bezeichnet.

Ein Arzt sollte in jedem Fall frühzeitig konsultiert werden. Er kann entsprechende Therapien empfehlen, die das Ödem reduzieren oder konstant halten. Je früher Sie eine Behandlung beginnen, desto wahrscheinlicher ist es, das Ödem in einem möglichst niedrigen Stadium zu belassen.

Lymphödem nach Brustkrebsoperation

Mit über 70.000 jährlichen Neuerkrankungen ist Brustkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Frauen.1 Durch das Entfernen axillärer Lymphknoten und einer adjuvanten Strahlentherapie sind durchschnittlich 20 bis 30 Prozent der Patientinnen von einem Brustkrebs assoziierten Lymphödem betroffen.2

Risikofaktoren

Während einer Chemotherapie werden häufig die Lymphknoten der Patienten bestrahlt oder entfernt. Dies beeinflusst das gesamte Lymphsystem und führt unter Umständen ebenfalls zu einem Ödem. Weitere Faktoren wie Alter oder Geschlecht können die Entstehung von Lymphödemen ebenfalls beeinflussen.

Die Ursachen für Lymphödeme sind vielfältig. In manchen Fällen entstehen Lymphödeme auch aus einer vorhergehenden Venenerkrankung. Häufig hat sich der Patient dann zu wenig bewegt. Die gute Nachricht: Die moderne Lymphödem-Therapie hält effiziente Behandlungsmöglichkeiten bereit, die Schmerzen lindern und den Lymphpatienten zu mehr Mobilität und Lebensfreude verhelfen.

Vorbeugung

Tipps

  • Sauberkeit
    Sauberkeit ist für Ödempatienten besonders wichtig. Reinigen und cremen Sie Ihre Haut stets mit pH-neutralen Pflegemitteln. Deodorants sollten nicht im Ödemgebiet eingesetzt werden.
  • Bequeme Kleidung
    Achten Sie auf locker sitzende Kleidung und bequemes, flaches Schuhwerk. Tragen Sie keine engen Gürtel oder BHs.
  • Ausgewogene Ernährung
    Eine Diät ist bei Lymphödem-Patienten meist nicht notwendig. Nur bei Übergewicht sollten Sie sich weniger kalorienreich – aber dennoch ausgewogen – ernähren.
  • Entstauende Gymnastik
    Informieren Sie sich über speziell für Lymphödem-Patienten entwickelte Bewegungsprogramme. Ihr Arzt oder Ihre Krankenkasse geben Ihnen gerne Auskunft.

Was Sie vermeiden sollten...

  • Stress
    In Stress-Situationen ziehen sich die Gefäße zusammen und können verkrampfen. Die Folge: Ödeme können sich deutlich verschlimmern.
  • Nagelverletzungen
    Bei der Nagelpflege sollten Sie darauf achten, den Nagelfalz nicht zu verletzen.
  • Hautverletzungen
    Schürfungen, Schnitte, Stiche, Kratzer und Bisse durch Haustiere sollten Sie vermeiden. Auch kleinere Verletzungen an den betroffenen Gliedmaßen können bei Lymphödem-Patienten gravierende Folgen haben. Eine Wundrose (Erysipel) kann entstehen.
  • Starke Wärmeeinwirkung
    Vermeiden Sie Sauna, Sonnenbäder und heiße Wannenbäder.
  • Massagen
    Vermeiden Sie knetende Massagen und Fangopackungen im Ödembereich. Eine Ausnahme sind Lymphdrainagen.
  • Urlaub
    Verzichten Sie besser auf Reisen in heiße, subtropische Gebiete und Regionen mit starkem Mückenbefall.

Wie kann ein Lymfödem therapiert werden?

Ein Lymphödem ist zwar eine chronische Erkrankung, doch mit der richtigen, dauerhaften Therapie erzielen Sie sehr gute Ergebnisse. Die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie (KPE) hat sich besonders bewährt. Sie ist die wirksamste Methode zur Behandlung von Lymphödemen. Ziel ist es, die entsprechenden Gliedmaßen zunächst zu entstauen und ihren Umfang zu reduzieren. Die Komplexe Physikalische Entstauungstherapie besteht aus zwei Phasen.

Phase 1 – Entstauungsphase

Ziel ist es, den Umfang der betroffenen Gliedmaßen zu reduzieren. Deshalb wird in der ersten Phase der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE) ein- bis zweimal täglich eine manuelle Ganzkörperlymphdrainage durchgeführt, um den Abtransport der Flüssigkeit aus dem Gewebe zu fördern. Nach jeder Behandlung wird ein Kompressionsverband mit Bandagen angelegt. Außerdem wird die Entstauungstherapie durch spezielle Gymnastik unterstützt. Ergänzend werden zum Start der Therapie Hauterkrankungen wie Hauteinrisse oder Fußpilz gründlich behandelt, da eine Entzündung die Lymphgefäße zusätzlich schädigen kann. Außerdem ist in der Folge eine konsequente Hygiene und Pflege der Haut wichtig, dabei dürfen nur pH-neutrale Reinigungsmittel und Cremes verwendet werden.

Die erste Phase der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie dauert ca. drei bis sechs Wochen. Die individuelle Dauer ist abhängig vom Erfolg der Entstauung. Erst wenn keine Verringerung des Umfanges an den betroffenen Körperregionen mehr erreicht wird, geht man zur Erhaltungsphase über.

Phase 2 – Erhaltungsphase

Phase 2 der Komplexen Physikalischen Entstauungstherapie (KPE) hat zum Ziel, die Erfolge und Ergebnisse, die in Phase 1 gewonnen werden konnten, zu erhalten. In diesem Behandlungsstadium sollte im Sommer zweimal wöchentlich, im Winter mindestens einmal wöchentlich eine manuelle Lymphdrainage durchgeführt werden. Weiterhin wird die Kompressionstherapie durch Kompressionsstrümpfe/-armteile/-handteile und -zehenkappen unterstützt. Die zusätzlichen Therapiemaßnahmen, wie besondere Hautpflege und Gymnastik, dürfen auch in dieser Phase nicht vernachlässigt werden.

Lymphdrainage

Die manuelle Lymphdrainage ist eine besondere Massageart, mit der die Transportkapazität des Lymphsystems gesteigert wird. Dabei wird immer der gesamte Körper behandelt. Die Massage beginnt an der Halspartie, wo die großen Lymphsammelgefäße in die Schlüsselbeinvenen münden. Damit soll der Lymphfluss in den großen Lymphgefäßen angeregt werden, um den Abfluss aus den kleineren Gefäßen zu erleichtern. Danach werden Rumpf und Extremitäten behandelt.

Flachgestrickte Kompressionsstrümpfe zur Erhaltung

Flachgestrickte Kompressionsstrümpfe zur Erhaltung

 

Flachgestrickte Kompressionsstrümpfe üben während der Erhaltung einen konstanten Druck auf Arm oder Bein aus. Sie legen sich dabei nicht in Hautfalten ein, was zu Einschnürungen führen könnte. Kompressionsstrümpfe sind auf Rezept im medizinischen Fachhandel erhältlich (z. B. Sanitätshaus) und werden je nach Umfang von Arm oder Bein nach Maß angefertigt.

Das Ausmessen erfolgt ebenfalls im Sanitätshaus. Wichtig ist es, dass Sie den Strumpf regelmäßig tragen. Nur dann bleibt das Ergebnis konstant und das Ödem bildet sich nicht weiter aus. Medikamente können die Ödemtherapie begleiten - Ihr Arzt entscheidet hier über die Notwendigkeit.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein Lymphödem nicht gänzlich heilbar ist. Allerdings werden im Rahmen der komplexen physikalischen Entstauungstherapie sehr gute Ergebnisse erzielt. Kompressionsstrümpfe sind heutzutage in modischen Farben und Mustern erhältlich, so dass Sie diese gerne tragen werden.

Nehmen Sie Schwellungen an Ihren Armen oder Beinen ernst und fragen Sie Ihren Arzt. Achten Sie bei der Suche nach einem geeigneten Facharzt auf den Zusatz "Phlebologe" oder "Lymphologe". Diese sind auf Erkrankungen im venösen und lymphatischen System spezialisiert. Der Arzt wird Ihnen die möglichen Therapien (z.B. Lymphdrainage oder Kompressionsstrümpfe) bei Notwendigkeit verordnen.

Quellen

1 www.krebsdaten.de
2 Deutsche Krebsgesellschaft e.V. (2008): Interdisziplinäre S3-Leitlinie für die Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms, Germering, München: W. Zuckschwerdt Verlag.